Erfahrungen mit vermutl. sexueller Frustration bei Männchengruppen?

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Andryna
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Erfahrungen mit vermutl. sexueller Frustration bei Männchengruppen?

Hallo ihr Lieben,

obwohl ich nicht sehr empfindlich bin, was Vergesellschaftungen und Rangkämpfe angeht, habe ich aktuell meine pubertären Jungs nach einigen Monaten Dreisamkeit wieder getrennt. Der ältere Sam (2J., unkastriert) hat in den letzten Wochen ziemlich sexuell frustriert gewirkt, hat immer wieder bei den anderen beiden (1J., vermutl. kastriert) aufgeritten und ist blubbernd hinter beiden hergerannt. Selbst wenn sie eigentlich eine Ruhephase hatten, hatte Sam mehrmals am Tag seine fünf Minuten, wo er die Jungs ziemlich bedrängt hat. So extrem bzw. lang anhaltend habe ich das noch nie beobachtet, obwohl ich bisher nur reine Männergruppen beherbergt habe. Trotzdem gab es bis dahin keinen Streit, bis auf eine Rangklärungsphase ca. einen Monat nach der VG und einmal harmloses Boxen mit Merry.

Anfang der Woche ist es dann eskaliert, indem Sam die beiden abwechselnd gejagt hat. Besonders den kleineren der Beiden, Pip, hat er dabei ins Visier genommen, der voller Panik mehrmals gegen Wände und Gittertüren gesprungen ist. Das Jagen lief sehr schnell ab, ich konnte jeweils nicht genau sehen, ob die Verletzungen von Krallen oder Bissen stammen, also mehr "Kollateralschäden" als gezielte Bisse waren.
Jedenfalls habe ich kurzfristig den Sam von den anderen separiert. Einzeln betrachtet waren die Verletzungen nicht schlimm (ingesamt ein eingerissener Mudnwinkel, Kratzer und eine blutige Nase bei Pip, und Kratzer am Kinn bei Sam), aber das Gejage war wirklich heftig. Es klang mehr wie Kugeln, die durch die Gegend geschleudert werden, als wie rennende Degus. Pip ist vor allem ein sehr schmaler, kleiner Degu (~190g). Zwar frech, aber körperlich nicht so einer Belastung gewachsen, und das mit dem Mundwinkel muss ich erstmal im Blick behalten. Langsam hat er sich wieder beruhigt, aber mich meidet er noch, wenn er Sam an mir riecht (sonst schläft er gewöhnlich auf meiner Hand).
Nach einem Tag abkühlen habe ich Sam unter Aufsicht wieder zu den beiden Kleinen gelassen (das ist keine Empfehlung zum Nachahmen), aber nach kurzer Putz- und Kuschelphase fing das heftige Gejage wieder von vorne an. Deshalb ist jetzt wieder das Trenngitter drin, Sam muss jetzt erstmal abkühlen, und danach startet die Re-VG.

Dass die Tierchen auch mal "Lust" bekommen, habe ich durchaus schon beobachtet, aber nicht so eine aggressive Frustration.
Mich interessiert, ob andere auch schon solche Erfahrungen gemacht hat. Mit den älteren Degus, mit denen er vorher zusammensaß, gab es keine Probleme während der gemeinsamen Zeit. Und für Frühlingsgefühle ist es doch eigentlich zu spät, oder nicht? :mrgreen:
Liebe Grüße von Madlaine
und den Engeln Max, Moritz, Frodo, Linus, Kili, Pippin, Jimbo, Fili, Pip, Neo, Merry und Floki, Chap, Bard, Milo, Sam und den Heilbronnern
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esmeralda
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Re: Erfahrungen mit vermutl. sexueller Frustration bei Männchengruppen?

Hallo Madlaine,

leider hast du ja bisher hier keine Antwort erhalten, was wohl auch dem Umstand geschuldet sein wird, dass das vor dir beschriebene Verhalten entweder nicht allzu oft unter Männchen vorkommt oder momentan keiner der hier im Forum aktiven User etwas dazu beizutragen hat.
Wie sieht es denn momentan bei deinen Jungs aus? Sitzt Sam immer noch von den beiden Jüngeren abgetrennt?

Vllt. kann dich in dieser Situation etwas weiterbringen, was ich mit einem extrem sexuell auffälligen Kastraten in einer Weibchengruppe vor etlichen Jahren erlebt habe.
Dazu gab es auch einen langen Thread im alten Deguforum, aber leider sind die wichtigsten Beiträge inzwischen nicht mehr aufruf- bzw. nachlesbar. Dafür habe ich aber hier noch zwei Beiträge gefunden, die die damalige Situation vllt. noch einigermaßen verständlich nachvollziehbar macht.
esmeralda-bonn Betreff des Beitrags:
Verfasst: 02.10.2006, 12:03

Registriert: 28.01.2005, 09:35

Hallo,

ich habe im Mai diesen Jahres einen etwa 3-jährigen, bis dato alleine gehaltenen Kastraten, (der, nachdem seine Besitzerin keinen Lust mehr auf ihn hatte, im Tierheim landete), mit meiner 3-er Gruppe Mädels vergesellschaftet.
Die erste Vergesellschaftung nach kurzer Dauer des Käfigwechsels und dann Zusammenführung war ohne Schwierigkeiten.
Allerdings hatte der Kastrat noch einen dergestalt ausgeprägten Geschlechtstrieb, dass er überhaupt nicht mehr von den Mädels abließ und sie z.T. völlig huschig gemacht hat. Die Chefin der Gruppe, Willi, hat ihm (Pfeiffer) ganz schnell klar gemacht, wo der Hammer hängt, und auch meine Seniorin Vicky hat ihn sich vom Leib gehalten. Nur meine blinde Tebbie konnte ihm erst kein Paroli bieten und es kam zu einer heftigen, blutigen Beisserei. Also wurde Pfeiffer wieder einzeln gesetzt, damit wieder Ruhe in die Gruppe kam. Darüberhinaus begann eine medikamentöse Behandlung von Pfeiffers Geschlechtstrieb, damit sich sein Hormonhaushalt endlich reguliert.
Dann wurde der Hauptkäfig wieder mit einem Trenngitter versehen und es fand ein regelmäßiger Wechsel der Seiten statt. Die Mädels kamen auf die eine und Pfeiffer auf die andere Seite, wobei Willi wieder sofort zu Pfeiffer wollte. Die blinde Tebbie hingegen bekam jedesmal die Krise, wenn Pfeiffer direkt am Trenngitter war und giftete ihn regelrecht an. Es dauerte schon etwa 14 Tage, bis sich Tebbie an die Anwesenheit von Pfeiffer auf der anderen Seite des Trenngitters gewöhnt hatte und nicht mehr in höchsten Tönen herumzeterte, wenn er in der Nähe war. Willi pendelte indes zwischen den beiden Käfighälften hin und her, denn Pfeiffer sollte nach der langen Einzelhaltung und nachdem er endlich Anschluss zu Artgenossen gefunden hatte, nicht länger alleine sein.
Die Behandlung seines Geschlechtstriebes zeigte auch nach etwa 4 Wochen ausreichende Wirkung und nach erneuter Zusammenführung hatte ich dann ab Anfang Juli endlich eine glückliche Vierergruppe.
Nach dem Tod der Seniorin Vicky am letzten Freitag müssen nun die drei übrig gebliebenen Degus den Verlust erst einmal verkraften und sich an die neue Situation gewöhnen.
esmeralda-bonn Betreff des Beitrags:
Verfasst: 21.11.2008, 11:35

Registriert: 28.01.2005, 09:35

Hallo,

prinzipiell ist die Überlegung, den Aggressor vorübergehend zu separieren, um ihm eine Chance zu geben wieder zu Ruhe zu kommen, zu befürworten. Auch ich habe dies in Einzelfällen schon mit Erfolg praktiziert.
Allerdings bezweifele ich, dass dies auch fruchtet, wenn wie anscheinend im diesem Fall der Degu nicht aufgrund von Rangstreitigkeiten o.ä. aggressiv ist, sondern hormonell bestimmt wird.
Ich habe ja bereits einschlägige Erfahrungen mit Pfeiffer gemacht und letztendlich hat eine Behandlung mit XXX eher zur Entschärfung der Situation geführt.

Das Stresspotential des bedrängten Weibchens, in meinem Fall war es Tebbie, war derart hoch, dass auch zu diesem einen schlimmen Zwischenfall mit der schweren Bauchverletzung im Januar 2007 gekommen ist. (Wobei ich nach wie vor der Meinung bin, dass das eher ein Unfall, als eine vorsätzliche Geschichte war.)
Bei mir war derjenige Degu das Opfer der fortwährenden, sexuellen Begehrlichkeiten, welcher nicht in der Lage war, dem Männchen adäquat deutlich zu machen, dass sie keinen Geschlechtsakt wünscht. Meine Tebbie tritt nicht besonders sicher auf und lässt sich leicht verunsichern.
Die beiden anderen Deguweibchen konnten Pfeiffer damals sehr wohl klar machen, wo „ der Hammer hängt“ und haben aktiv mitbestimmt, wann es zum Vollzug kam und wann eben nicht. Auch ein später in die Gruppe gekommenes Weibchen war innerhalb kürzester Zeit in der Lage, Pfeiffer in seine Schranken zu verweisen.
Die Tatsache, dass Tebbie ihn immer wieder abgelehnte, hat meines Erachtens die Situation verschärft, denn Pfeiffer wusste nicht, wohin mit seinem Drang. Da er aber die Erfahrung gemacht hat, trotzdem bei ihr immer wieder mal zum Zuge kommen zu können, hat er es halt erneut und ausdauernd probiert. Irgendwann war das Weibchen aufgrund dieser Bedrängung fast panisch und es gab Streitereien, die auch mal in leichteren Beißereien enden konnten.

Leider starb Pfeiffer zu früh, sodass ich sein auffälliges Verhalten nur über 2 Jahre beobachten konnte und natürlich nicht den Anspruch erhebe, dass meine bzw. unsere Vorgehensweise die Richtige ist.
Allerdings weis ich zwischenzeitlich, dass dies ein solches Verhalten bei Kastraten nicht einmalig ist, sondern dass ähnliche Beobachtungen schon bei anderen Deguhaltern gemacht worden sind. Inwieweit da aber eine dauerhafte und erfolgreiche Lösung gefunden worden ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

Ich habe mir damals und nach einigem Ausprobieren mit meiner Tierärztin mit Homöopathie beholfen bzw. zusätzlich eine Tierhomöopathin hinzugezogen.

Nun handelte es sich damals um eine gemischtgeschlechtliche Konstellation, bestehend aus einem Kastraten und drei Weibchen. Allerdings habe ich in den Jahren danach auch immer wieder mal mit Deguhaltern in Kontakt gestanden, bei denen es in rein männlichen Gruppen ebenfalls zu klar sexuell bedingten Auseinandersetzungen gekommen ist. Da wurde ebenfalls Homoöpathie eingesetzt, die in etlichen Fällen auch tatsächlich zu einem Erfolg führte.

Vllt. ist dies ja auch ein Ansatzpunkt für dich? Gerne kann ich dir per PN noch weitere Details dazu geben.

P.S.: Interessierte Leser mögen bitte Folgendes beachten: Das Pendeln-Lassen des einen ausgewachsenen Tieres habe ich damals sehr genau abgewogen und mit großer Bedacht vorgenommen. Dies ist allerdings keine Aufforderung, eine derartige Vorgehensweis so ohne Weiteres nachzumachen
Liebe Grüße

Monika

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Andryna
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Re: Erfahrungen mit vermutl. sexueller Frustration bei Männchengruppen?

Hallo Monika,

Vielen lieben Dank für deine Antwort *knuddel*
Meine Jungs haben sich wieder vertragen, nachdem sie 3-4 Wochen am Trenngitter saßen. Das war zwar eine ziemlich kurze Zeit, empfehle ich also nicht einfach so weiter, aber ich habe die Degus so eingeschätzt, dass es kein grundlegendes Hierarchieproblem von jungen Männchen war, sondern eher ein spezielles Verhalten, was der Auslöser war, und dass die grundlegende Harmonie zwischen den dreien immer noch vorhanden ist. Das hat sich jedenfalls bestätigt, es wird wieder viel gekuschelt und geblubbert, "bin ich immer noch der Chef?"-Boxkämpfe gab es nur kurz innerhalb der ersten Stunden, nachdem das Trenngitter wieder draußen war.

Meine Vermutung, die ich nicht nachweisen kann, beruhte ja darauf, dass Sam nicht kastriert ist, im Gegensatz zu den vermutlich sehr jung kastrierten Merry und Pip. Ob sich das so stark auf das Verhalten auswirkt, weiß ich nicht, jedenfalls habe ich die Kastraten noch nicht beim Rammeln erwischt. Ich werde das weiter beobachten und mich dann ggf. mal bei dir melden. Ich sehe bei deinem Erfahrungsbericht Parallelen, wenn auch nicht so stark ausgeprägt, da Sam ja nicht kastriert ist.
Liebe Grüße von Madlaine
und den Engeln Max, Moritz, Frodo, Linus, Kili, Pippin, Jimbo, Fili, Pip, Neo, Merry und Floki, Chap, Bard, Milo, Sam und den Heilbronnern
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