Darf es auch mal länger dauern?

Rund um die Vergesellschaftung von Degus
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Mohyra
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Darf es auch mal länger dauern?

Wir bräuchten etwas Rat bei der Vergesellschaftung von 3 Damen, da wir uns mit einer Situation konfrontiert sehen, die wir so noch nicht hatten (es ist unsere vierte Vergesellschaftung).

Ausgangssituation war eine Zweiergruppe mit zwei wenig dominanten Weibchen (5 und 6 Jahre alt). Die beiden hatten bislang keine Rangstreitigkeiten gehabt, obwohl keine von beiden sehr klar dominant oder unterwürfig ist.
Die Neue (4 Jahre) ist ebenfalls in der Vergangenheit nicht als besonders dominant aufgefallen, hat aber schon einige Anwandlungen in diese Richtung gezeigt mit ihren bisherigen Mitbewohnerinen. Zuletzt war sie eine Weile (ca. 2 Monate) alleine gewesen, bevor sie zu uns gekommen ist.

Die ersten Begegnungen und das Verhalten am Trenngitter waren mit Sicherheit keine Liebe auf den ersten Blick. Es regierte eher vorsichtige Neugier. Allerdings waren auch keine klaren Aggressionen erkennbar. Es war eher so, dass man sich zur Kenntnis nahm aber auf der jeweiligen Seite sich um seine Sachen gekümmert hat. Mit der eher rangniedrigeren aus der bisherigen Gruppe gab es gelegentliches Gezwitscher am Gitter, aber mit der Chefin eigentlich nie.

Insgesamt war nach etwas mehr als zwei Wochen ein Status erreicht (man fraß direkt an beiden beiden Seiten des Gitters einträchtig, ohne jeden Mucks, es gab gelegentliches Gezwitscher und keine Aggressionen) bei dem wir es realistisch fanden, den ersten Versuch zu starten.
Nachdem das Gitter raus war gab es erstmal ein kurzes Gerangel zwischen der Neuen und der "Chefin". Alles in allem aber völlig harmlos. Danach blieb es auch mehr als 24 Stunden friedlich. Man hat auch gemeinsam gekuschelt, es wurde gezwitschert und auch beim Fressen der leckersten Sachen gab es keine Streitereien.

Dann schlug es aber relativ plötzlich um. Die Neue begann bei der "Chefin" zu versuchen auf zu reiten (was diese aber beständig abwerte) und ihr ständig hinterher zu laufen (wobei es weniger ein "jagen" sondern eher ein "folgen" war). Das begann am Nachmittag und gipfelte darin, dass wir in der Nacht wieder das Trenngitter einzogen. Der Grund dafür war, dass die Chefin nicht mehr zur Ruhe gekommen ist. Die Neue hatte sie zwar nicht ohne Unterbrechung belagert, aber auch in den Phasen der möglichen Ruhe kam sie nicht mehr "runter" und lief ohne Pause in ihrem Rad.

Die erneute Trennung nahmen alle eigentlich sehr gut auf und die Lage normalisierte sich sehr schnell wieder. Es stellte sich im Grunde wieder die Situation wie vor dem ersten Versuch ein. Allerdings mit zwei deutlichen Unterschieden: bei Begegnungen der Chefin und der Neuen am Gitter war zu spüren, dass für die Neue das Thema "Comment" einen Stellenwert bekommen hat, der vorher nicht erkennbar war. Gleichzeitig stellte sich die Chefin aber auch am Gitter und machte keinen Rückzieher, anders als vorher. Diese Begegnungen fanden interessanter Weise eigentlich ausschließlich spät abends statt. Nach unserer Einschätzung waren sie aber nie mit Aggression verbunden. Es war eher so, dass man merkte, die beiden würden die Position klären müssen und das würde nicht passieren, ehe sie nicht wieder zusammen konnten.
Der andere Unterschied war, dass die Neue jetzt deutlich entspannter in ihrem Käfigbereich wurde. Sie konnte sich nun zum ersten mal wirklich richtig in ihrem Nest und auf ihrem Wärmekissen entspannen. Das war vorher so noch nicht der Fall gewesen.

Nach etwas mehr als 3 weiteren Wochen hatte sich die Lage soweit verfestigt und wir meinten keine weitere Entwicklung erkennen zu können meinten und den nächsten Versuch gestartet haben. Das war am Samstag.
Nun, 3 Tage später, stehen wir vor einer Situation, bei der mein Mann und ich, uns uneins und unsicher sind, wie wir damit umgehen sollen und vor allem, wie wir weiter verfahren sollen:

Als wir das Gitter entfernten wurde von beiden Seiten erstmal neugierig erkundet. Es kam zu keinen direkten Aggressionen. Das Thema Rangordnung war aber weiterhin im Hintergrund spürbar. Das führte dazu, dass sich die Chefin an und in ihrem Rad (ihre Festung...) verschanzt hat und die Neue bei jeder Bewegung angequietscht hat, sobald sie in Sichtweite gekommen ist. Sie ist allerdings nicht mehr, wie beim ersten Mal, die ganze Zeit gelaufen. Das dauerte bis Sonntag an, dann änderte sich das Verhalten.

Nun akzeptierte die Chefin, dass die Neue ihr näher kam. Es wurde sogar einige Male gemeinsam im Rad gelaufen und auch gezwitschert wurde hin und wieder. Allerdings kamen dann im Laufe des Tages erstmals wirklich klar erkennbare Commentkämpfe dazu. Beim ersten Versuch war es dazu eigentlich nie gekommen. Die Kämpfe scheinen sich aber im Rahmen zu bewegen. Es sind kurze Angelegenheiten und bisland hat niemand mehr als ein paar Schrammen davon getragen. Nur Kratzer, kein Beissen, man trennt sich auch sofort wieder und kommt wieder zur Ruhe.
Ganz ohne Folgen ist das aber nicht geblieben. Die Chefin verbringt fast die ganze Zeit am und im Rad (ohne jedoch so panisch zu Laufen wie beim letzten Mal). Sie frisst und trinkt weiterhin und ist keineswegs apathisch. Aber sie ist nicht bereit diese Defensivposition auf zu geben.
Die Neue versucht immer wieder sich ihr an zu nähern, manchmal mit recht dominanten Verhalten. Es gibt lange Phasen mit recht friedlichem Kontakt zwischen den beiden, die dann von einem kurzen Commentkampf unterbrochen werden (der machmal aber auch wieder von Gezwitscher gefolgt wird).

Die dritte im Bunde hällt sich aus der ganzen Sache übrigens völlig raus und kommt mit beiden gut klar. Wir haben aber beobachtet, dass in Situationen, in denen die beiden "Alten" mit einander zwitschern und schmusen, die Chefin die Neue sofort sehr offensiv vertreibt, wenn diese dann dazu kommt.

So, und an der Stelle wären wir für etwas Rat sehr dankbar, da wir eine soetwas noch nie hatten (normalerweise hatten die immer sehr schnell ihre Rangordnung geklärt): wie ist diese Situation einzuschätzen? Kann und muss man das eventuell noch etwas aussitzen und wenn ja, wie lange kann man dem Zeit geben? Eine große Sorge ist, dass die bisherige Gruppe schaden nehmen könnte, was wir auf gar keinen Fall wollen. Wäre es denkbar noch einmal einen Trennung vor zu nehmen (evtl. auch mit Sichttrennung) oder muss man das Ganze dann als gescheitert betrachten? Es liegt uns eigentlich schon sehr am Herzen hier noch zu einem erfolgreichen Ende zu kommen.
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Firelady
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Re: Darf es auch mal länger dauern?

Hallo,

meine erste Frage ist: wo dauert da etwas „länger“?
Vergesellschaftungen über Monate sind nicht selten.

Wurden die Seiten getauscht? Wenn ja, in welchem Zeitraum?
am Gitter war zu spüren, dass für die Neue das Thema "Comment" einen Stellenwert bekommen hat
Was meinst Du damit?

Grundsätzlich trenne ich eher nicht, wenn die Wunden nur harmlose „blaue Flecken“ sind. Bei Dir scheint es aber insgesamt in der Gruppe jetzt sehr angespannt zu sein...?

:roll:

Hatte ich so auch noch nie...
Liebe Grüße,
Julia


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Mohyra
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Re: Darf es auch mal länger dauern?

wo dauert da etwas „länger“?
Die Rangstreitigkeiten bei der letzten Vergesellschaftung haben ca. 2 Stunden gedauert. 3 Tage ist für unsere Verhältnisse sehr lang.
Wurden die Seiten getauscht? Wenn ja, in welchem Zeitraum?
Nein, da nicht stressfrei für die Tiere möglich. Der Zeitraum der Trenngitterphase steht ja oben. In dieser Zeit haben wir Wärmekissen, Nest und Sandbad im Abstand von 1-2 Tagen je nach Gegenstand getauscht.
am Gitter war zu spüren, dass für die Neue das Thema "Comment" einen Stellenwert bekommen hat
Was meinst Du damit?
Während sie sich anfangs eher von der Ferne begutachtet haben und sich ansonsten am Gitter ignoriert haben, sind sich die Neue und die Chefin nach dem Wiedereinbau des Gitters meist Abends bewusst am Gitter begegnet. Die Chefin hat meist regungslos dagesessen, während die Neue eher aufgeregt wirkt. Eben so als wolle sie gern die Rangfolge klären.
Bei Dir scheint es aber insgesamt in der Gruppe jetzt sehr angespannt zu sein...?
Nicht wirklich überraschend, oder? Nach einigen Veränderungen an der Einrichtung scheinen jetzt alle etwas entspannen zu können. Die Chefin ist aber eher außen vor, weil sie ihren Wachposten nicht wirklich aufgeben möchte.
:roll:

Hatte ich so auch noch nie...
Na das ist ja mal so richtig hilfreich...
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Firelady
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Re: Darf es auch mal länger dauern?

Nach einigen Veränderungen an der Einrichtung scheinen jetzt alle etwas entspannen zu können. Die Chefin ist aber eher außen vor, weil sie ihren Wachposten nicht wirklich aufgeben möchte.
Der erste Satz des Zitats hört sich ja gut an, der zweite leider nicht so.
Du schilderst das Laufrad als sehr präsent bei der Anspannung. Was geschieht, wenn Du es - sofern möglich - entfernst oder sonst vielleicht blockierst?

Ich kenne das Rad auch als Spannungsfeld, zumal man sich da für meinen Geschmack auch noch super drunter/hinter verstecken kann. Daher habe ich kritische Zusammenführungen bisher ohne Rad gemacht.
Vielleicht wäre das noch eine Idee?

Ansonsten: ja, VGs dauern lange. Bis eine Rangfolge geklärt ist, kann es Wochen dauern. Das liegt natürlich auch daran, dass die Tiere sich erstmal kennen lernen müssen, ehe feststeht, wer die Führung der Gruppe übernimmt.

Solange sie einigermaßen friedlich zusammen sind, würde ich keinesfalls wieder trennen.
Na das ist ja mal so richtig hilfreich...
Vielleicht hilft Dir ja das.
Liebe Grüße,
Julia


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DaLo
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Re: Darf es auch mal länger dauern?

Auch wenn es bei Degus tatsächlich häufig innerhalb eines eher kurzen Zeitrahmens klar ist, ob sich die Tiere einigen konnten oder nicht, kann es durchaus auch mal länger dauern, bis sich die Rangfolge geklärt und gefestigt hat. Leider bedeutet das natürlich auch, die Situation mehrere Tage, ggf. auch ein, zwei Wochen möglichst gut im Auge zu behalten.
Mohyra
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Re: Darf es auch mal länger dauern?

Danke, damit entsteht für uns so langsam ein Bild. Dazu kommt noch, dass die Entwicklung in den letzten Stunden ganz interessant war. Geklärt scheint da noch nichts so richtig zu sein, aber die (möglicherweise bald Ex-)"Chefin" hat jetzt mehrmals hingenommen markiert zu werden und wirkt etwas unterwürfiger. Auch die Frequenz der Rangkämpfe scheint zurück zu gehen. Das beiläufige Gezicke ist aber noch da.

Was das Laufrad angeht haben wir tatsächlich die gegenteilige Richtung eingeschlagen und das zweite Rad (das die Neue mitgebracht hat) ebenfalls auf die "umkämpfte" Ebene gestellt. Dazu haben wir auch der alten Chefin noch ein Wärmekissen in der Nähe ihrer Rückzugsecke bereit gestellt. Hintergrund der Aktion war, dass wir den Eindruck haben, dass sich die Spannungen zwischen den Tieren durch die Möglichkeit des etwas abgesonderten aber nicht völlig getrennten Erholens doch sichtlich abbauen.

Aber zu hören, dass sich so eine Situation auch durchaus über einen Zeitraum von Tagen bis Wochen erstrecken (wie gesagt, so einen Fall hatten wir noch nie) und trotzdem letztlich gut ausgehen kann, hilft uns schon sehr weiter.

@DaLo: übrigens, die "Chefin" kennst du vielleicht noch. Es ist die kleine, schüchterne Isolde. ;) Sie hat sich wirklich großartig entwickelt! Leider ist keine ihrer ursprünglichen älteren Mitbewohnerinnen mehr hier. Das sie jetzt in dieser Position ist, scheint auch eher aus Verlegenheit passiert zu sein.
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