Hallo Nancy,
auch von mir ein herzliches Willkommen im Deguforum.
Außerdem danke ich dir, dass du die eigentlich als PN an eine größere Anzahl von Forenusern gestellte Fragestellung jetzt, auf meine Empfehlung hin, hier öffentlich reingestellt hast.
Und leider geht meine Einschätzung bzgl. des Gelingens der geplanten Vergesellschaftung der beiden etwas älteren Jungtiere mit den 6-wöchigen Babys in die gleiche Richtung, wie die meiner Vorschreiberinnen.
In der Tat ist die Wahrscheinlichkeit, dass es mit der geplanten Gruppenkonstellation früher oder später Probleme geben wird, ziemlich hoch.
Prinzipiell raten erfahrene Deguhalter davon ab, gleich mit einer Vergesellschaftung zu beginnen, wenn man bisher noch keinerlei Erfahrungen mit Degus und ihren doch schon recht komplexen, aber überaus faszinierenden Verhaltensweisen gemacht hat. Dann aber auch noch zusätzlich eine Vergesellschaftung mit 2 Jungtier-Gruppen vornehmen zu wollen, halte ich für sehr ambitioniert.
Nun, warum schätze ich dies so ein?
Genauso wie bei allen anderen Säugetieren, müssen auch Degus erst einmal die Pubertät durchlaufen, bis sie sich selbst und damit auch Selbstvertrauen/, sowie ihre Stellung innerhalb der Gruppe gefunden haben. Erst mit etwa 18 bis 22 Monaten sind die kleinen Wusel aus dieser Selbstfindungsphase und damit aus dem Gröbsten heraus.
In den Monaten davor kommt es daher in ziemlich vielen Degugruppen, die entweder ausschließlich aus „Pubertieren“ bestehen oder die zumindest einige dieser heranwachsenden Degus enthalten, wellenförmig immer wieder mal zu z.T. richtig heftigen Rangstreitigkeiten. Dabei gehen die Tiere keinesfalls sehr zimperlich miteinander um, sondern es wird mit allen Mitteln um die Rangfolge gerungen bzw. gekämpft. Dabei sind sowohl Boxkämpfe, ähnlich der der Kängurus, langanhaltende Jagden, blutige Beißereien bis hin zu den (seltenen) Versuchen, einen Degu aus dem Revier zu vertreiben möglich.
In eurem Fall könnte die Integration der beiden 6-wöchigen Degus wahrscheinlich sogar recht schnell und problemlos vonstattengehen, denn sie sind den beiden älteren Jungtieren momentan körperlich noch deutlich unterlegen. Sollte allerdings eines der beiden jüngeren Männchen zum jetzigen Zeitpunkt bereits ein sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein haben und sich keinesfalls „unterwerfen wollen“, dann wird auch dieser Schritt schon ggf. sehr stressig und nervenaufreibend für alle Beteiligten.
Aber selbst wenn das erste Zusammenführen funktionieren sollte, heißt es die nächsten knapp 1 ½ Jahre gut zu überstehen. In bestimmten Altersstufen (etwa 7.- 9. Lebensmonat, um den 12. Lebensmonat, manchmal auch um den 15. Lebensmonat und oftmals wieder zum Ende der Pubertät) wird es gerne richtig „rummelig“ und dabei sind kleinere Verletzungen üblich bzw. tolerabel. Aber oftmals bleibt es nicht dabei, sondern es geht richtig rund.
Bis zu einem gewissen Grad sollte man dann (noch) nicht eingreifen, denn letztlich muss der Rang ja untereinander ausgemacht werden. Aber wenn es gezielte Bisse in Richtung Kopf, Kehle u./o. Brust bzw. unaufhörliche Jagden ohne Ruhepausen für das gejagte Tier gibt, muss getrennt werden.
Prozentual ist die Anzahl der nicht funktionierenden und daher getrennt lebenden, kleineren Grüppchen oder gar Einzeltiere um ein Vielfaches höher, als die Aussicht, dass es bis auf einige kleine Auseinandersetzungen mit der Gruppenkonstellation so klappt, wie ihr es euch wünscht.
Dadurch dass eure beiden bereits vorhandenen Männchen erst seit 2 Tagen habt und die beiden noch jüngeren Tiere übermorgen einziehen sollen, konntet ihr euch bisher leider noch nicht mit den typischen Verhaltensmustern dieser Nager vertraut machen, was auch eine Einschätzung, wie ihr die Vier am besten zusammenführen solltet, deutlich erschweren wird. Zudem kennt ihr eure Jungs noch nicht ausreichend genug, um sie bzw. ihre Charaktere einschätzen zu können. Das macht das Deuten und Interpretieren von beobachtetem Verhalten alles andere als leicht.
Auf jeden Fall solltet ihr käfig- und platztechnisch so aufgestellt sein, dass dauerhaft zwei Gruppen parallel gehalten werden können. Denn dann habt ihr die Möglichkeit umgehend zu trennen und die Tiere die nächsten Monate getrennt zu halten.
Sollte dies nicht umsetzbar sein, dann solltet ihr tatsächlich von der Aufnahme der beiden Kleinen Abstand nehmen und euch erst einmal auf Sammy und Simon konzentrieren. Lernt sie kennen und lasst sie gut durch die Pubertät kommen. Danach sollte man sich erst Gedanken bzgl. einer Gruppenerweiterung machen.
Mit Sicherheit sind die bisher hier eingegangenen Antworten nicht das, was ihr lesen wolltet. Aber wenn ihr von uns eine ehrliche Antwort haben wollt, dann fällt sie leider so aus, weil entsprechende Erfahrungswerte vorliegen und uns allen das Wohl der Tiere immer an allererster Stelle steht.